Nach einer dendrochronologischen Untersuchung kann das Dachwerk des Hauses Hauptstraße 23 auf das Baujahr 1476 datiert werden. Mit dieser zeitlichen Einordnung zählt dieses Haus am Marktplatz mit zu den ältesten Gebäuden des Ortes. Über der Tür zum heutigen Friseurgeschäft im Erdgeschoss steht zwar „1871“, aber diese Jahreszahl bezeugt nur das Alter dieser Türöffnung und eine damals durchgeführte Fassadenerneuerung des Erd- und des heutigen ersten Obergeschosses. Und gerade dieses Obergeschoss mit seiner bereits äußerlich gut erkennbar niedrigen Raumhöhe verrät dem Kenner, dass hier sehr wahrscheinlich ein sogenannter Hallenbau mit aufgesetztem Stockwerk im 19. Jahrhundert eine neue Fassade erhielt.
Als Hallenbauten oder Hallenständerbauten werden mittelalterliche Fachwerkhäuser mit sehr hohen Erdgeschossen bezeichnet; ähnlich wie wir sie beispielsweise in der Neudenauer Kelter vor uns haben.
Im Falle der Hauptstraße 23 in Neudenau können wir uns einen zweischiffigen Hallenraum vorstellen, worin Handel und Gewerbe ausgeübt wurden und darauf aufgesetzt ein Stockwerk zum Wohnen.
Die Wohnebene besaß im ursprünglichen Grundriss zum Markt hin eine große Stube, in welcher die Haushaltsmitglieder wohnten und schliefen (separate Schlafzimmer kamen erst später in Mode). In der Hausmitte des Obergeschosses befand sich an der Stubenrückwand auf einem gemauerten Block eine offene Feuerstelle. Sie diente als Herd und Schürplatz für den Kachelofen der Stube.
Die hohe Erdgeschoss-Halle wurde im Laufe der Zeit mit dem Einbau einer Zwischendecke in zwei getrennte Etagen unterteilt, wobei das neu entstandene Zwischengeschoss etwas niedriger ausfiel.
Für die Bauzeit typisch sind die im Giebel in beiden Dachgeschossen sichtbaren Steigbänder, die als aussteifende Streben mit den Wandständern verblattet wurden und so der Giebelwand die notwendige Steifigkeit verleihen.
Die Fassadenbefensterung im zweiten Obergeschoss entstand mit dem Umbau im 19. Jahrhundert, wobei bis auf drei Originalständer die gesamte Wand mit neuen, rein konstruktiv gedachten Holzelementen ausgestattet und anschließend verputzt worden war.
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