Stadt Neudenau

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Das einstmalige „Untere Tor“ ist uns nur noch durch einen Bauaufnahmeplan des Werkmeisters Storf aus Billigheim als Bestandsplan aus dem Jahr um 1816 erhalten.¹ Nach Storf´s Zeichnung maß der Bau ca. 28 Fuß Breite und knapp 40 Fuß Bautiefe. Ein imposantes Bauwerk mit einem Grundriss von 8,4 m x 11,5 m. Storf hat relativ akkurat gezeichnet und sogar einen Vergleichsmaßstab auf der Zeichnung hinterlassen. Demzufolge war der viergeschossige Torturm  rund 60 Fuß hoch, also ca. 18m. Die Tordurchfahrt wäre mit einer mittleren Höhe (Gewölbemitte) von zirka 4,6m und einem Gewölbeanfang in drei Meter Höhe über der Straße für heutige Lkw-Benutzung ein klein wenig zu niedrig.
Im ebenfalls dargestellten 1. Obergeschoss lag genau über dem inneren Torbogen der Durchgang des Wehrgangs, welcher den Turm hier durchkreuzte. Westlich (also an der Stadtaußenseite) dieses Ganges lag von diesem aus erreichbar „die Stuben am hinderen anbau 2ter Stock am Thor auf dem Bogen“ (Mit dem „2.Stock“ wurde im 19. Jahrhundert das 1. Obergeschoss bezeichnet). Mit dieser Angabe wird nun die Bauart und die äußere Form etwas deutlicher:

Der eigentliche Turm war also mit einem quadratischen Grundriss (ca. 8,0 x 8,0 m) ausgestattet und hatte an der Außenseite über der Durchfahrt einen einstockigen Anbau; so wie auch viele ähnliche Türme aus dem 14./15. Jahrhundert in den Städten Süddeutschlands.
Zur Stadtseite hin befand sich im Obergeschoss „ein aldes gefängnis“  und daneben eine Küche. Für die oberen Etagen sind leider keine Grundrisse überliefert. Nach der Art der in der Ansicht wieder gegebenen Fachwerkwände dürften sich dort Lagerkammern oder vielleicht auch ein Taubenschlag (oberste Etage) befunden haben.  Nach dem im Grundriss des Obergeschosses keine Treppe nach oben dargestellt ist, dürfte diese Erschließung nur über eine bedarfsweise in einer Deckenöffnung aufgestellten Leiter im Wehrgang möglich gewesen sein. Die Darstellung der stadtseitigen Ansicht als Fachwerkbau über drei Etagen verwundert in seinen Darstellungsdetails ein wenig, denn Stadttore und Wehrtürme besitzen an mindestens drei Seiten massive Mauern bis unters Dach. Nur die vierte, dem Stadtinnern zugewandte Seite wird in leichtem Fachwerk ausgeführt, damit der Turm im Falle einer Eroberung durch angreifende Feinde nicht zum Bollwerk und zum Brückenkopf gegen die Stadt werden kann. Für einen solchen Fall bleibt bei einer Fachwerkseite die Möglichkeit, diese vom Stadtinneren aus zu beschießen und den Turm damit „auszublasen“.² Storf stellt zwar an der Nordseite bis einschließlich zum dritten Obergeschoss eine massive Wand dar, an der Südwand allerdings fehlt diese Darstellung. Möglicherweise war der Turm einst beschädigt worden und man hat im 17. Jahrhundert auf einen dreiseitigen Massivaufbau über einer verbliebenen Ruine des Torkörpers verzichtet. Die Schadensbereiche an der Südostflanke wurden wahrscheinlich mit rasch zu erstellenden und wesentlich günstigeren Fachwerkwänden ersetzt. Weil Storf auch drei Fachwerkteile im 2. Obergeschoss als geschnitzte Hölzer darstellt, müssen wir davon ausgehen, dass der Turm auch Dekorationen besaß. Davon übrig geblieben ist einzig die heute an der Hauptstraße 2 in der Westwand eingelassene Wappentafel.
Die Art der Beschreibung insgesamt lässt vermuten, dass Storf die Gebäudemassen und Einzelteile festhielt und berechnete, um die bargeldtragende Wiederverwendbarkeit von Baumaterial zu ermitteln. Die Praxis des Verkaufes von Abbruchgut und Einzelinventarteilen war durchaus üblich und finanzierte den Aufwand erheblich mit.³


¹ StA N
² Vgl. Burgenkunde, Stadtbefestigungen
³ Vgl. hierzu: Die Berechnungen des Werkmeister Gross zum Abbruch zweier Schlossgebäude in Neuenstadt am Kocher, erstellt 1819. StAL E 228 II Bü 1361-0002

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