Das Kaufmannshaus am Markt
Die Abbildung zeigt eine Aufnahme aus der Zeit um 1915.
Das Objekt Hauptstraße 21 ist als „schiefes Haus“ Platzbild prägended. Trotz umfangreicher Erneuerungen des Erdgeschosses um 1840 hat es ein wesentliches Belegstück seiner ursprünglich in drei Fachwerketagen abgezimmerte Konstruktion einschließlich der dort sichtbar erhaltenen Farbfassungsaufbauten behalten können. Die Besonderheiten dieser Konstruktion sind die ausschließlich mit Fußstreben ausgesteifte Wandkonstruktion der Fassaden, die ursprüngliche Anordnung der Fenster und der trapezförmig angelegte Grundriss als bauzeitlich dreizonige und dreischiffige Aufteilung. Grundrisstypologisch ist der Bau eine Ausnahme. Der dreischiffige Trapezgrundriss beherbergt in einer schmalen Mittelzone ein quer zu den Deckenbalkenlagen eingestelltes Treppenhaus, welches durch alle drei Fachwerkgeschosse reicht.
Dieser zuvor beschriebene Ursprungsbau umfasste einst die heutigen Adressen Hauptstraße 21 und 19. Die Hauptstraße 19 wurde im 19. Jahrhundert eigentumsrechtlich abgetrennt und fortfolgend umfangreich erneuert, so dass der einstige Zusammenhang heute nicht mehr erkennbar ist. Allerdings beweisen ehemalige, heute zugemauerte Verbindungstüren in allen Etagen die frühere Einheit des Baukörpers. Die Grundrissform des Hauses bedingt ein von Westen nach Osten immer steiler aufsteigendes Dach. An der Marktplatzfassade spitzt sich die Dachform buchstäblich zu und entwickelt mit seinen 65 Grad Dachneigung eine außergewöhnliche Silhouette. Unverwechselbar wird die Hausansicht aber erst durch die Neigung des ganzen Bauwerks nach Norden, welche als Folge historischer Wasserschäden im Erdgeschoss bereits vor mehreren Jahrhunderten ausgelöst worden war und mit einer massiven Wandunterfangung schon vor mehr als 200 Jahren gestoppt wurde. Seit dieser Zeit steht das Gebäude schief und prägt die Westpartie des Marktplatzes.
Das in 2011 wieder nach barockem Vorbild¹ grau gefasste Fachwerk besitzt im Hausinnern, namentlich in der südöstlichen Eckstube des ersten Obergeschosses, eine im 17./18. Jahrhundert neu und aufwändig ausgemalte Stubendekoration, die von einem gewissen Wohlstand der damaligen Hauseigentümer zeugt.
Die Hauptstraße 21 markiert die Abschlussphase einer Stadtvergrößerung während des 15. Jahrhunderts.
Das lange Zeit leerstehende Haus hat nach einer hingebungsvollen Sanierung in den Jahren 2008 bis 2010 seinen aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhaltenen Fenster- und Türenbestand bewahren können. Leider scheiterte der Versuch zum Betrieb eines Cafés. Heute wird das Gebäude als privates Wohnhaus genutzt.
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¹ Nach Befund der restauratorischen Untersuchung. Belegflächen sind an der Fassade des Erdgeschosses sichtbar erhalten.
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