Ein Amorbacher Pfleghof
Das Objekt Hauptstraße 22 markiert in der Geschichte der Neudenauer Stadtsanierung einen Wendepunkt:
1999 war der Abbruch des Hauses bereits eine beschlossene Sache. Das Denkmalamt hatte den Bau bereits aufgegeben und verlangte vor dem Abbruch noch die zeichnerische und fotografische Dokumentation des stark verwahrlosten und durch einen Brand in den frühen 1960er Jahren beschädigten Hauses. Mit dieser Aufgabe betraute die Stadtverwaltung den Bauhistoriker Gerd Schäfer aus Schwäbisch Hall. Der eilte bereits wenige Minuten nach seiner ersten Objektbegehung zum Rathaus, um dem damaligen Bürgermeister sowie dem Gemeinderat mitzuteilen, dass ein Abbruch dieses Objektes auch zum Einsturz des Nachbarhauses Nr. 24 führen müsste, da beide Objekte baulich miteinander verbunden sind. Der Abbruch wurde daraufhin zunächst zurückgestellt. Wenige Wochen später wurde der Bauhistoriker vom inzwischen neu gewählten Bürgermeister Hebeiß gefragt, ob er zukünftig die Neudenauer Stadtsanierung betreuen könne. Aus dieser Frage entstand eine seit nunmehr über 15 Jahren andauernde erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Stadt Neudenau und dem „Büro für historische Bauforschung und Stadtsanierung, Gerd Schäfer – Freier Bauhistoriker“.
Ein privater Investor war 1999/2000 für das marode Gebäude durch den neuen Sanierungsbeauftragten schnell gefunden, denn die Stadt sah sich nicht imstande das einsturzgefährdete Objekt selbst zu sanieren. Nach Plänen des Bauhistorikers wurde das 1962 abgebrannte steile Dach auf dem zweiten Obergeschoss des Objektes nun wieder hergestellt und der Bau mit dem Einbau von zwei Wohnungen und einer kleinen Gewerbefläche bis 2001 neu belebt.
Die Geschichte des Hauses Hauptstraße 22 ist untrennbar mit den Hausgeschichten der beiden nach Westen angrenzenden Häuser Hauptstraße 24 und 26 verbunden, denn alle drei entstanden „aus einem Guss“ in der Zeit um 1590. Mit einer um 1720 durchgeführten Hausteilung in die heutigen drei Adressen, entwickelte sich der Ursprungsbau fortfolgend in drei völlig unterschiedlich erscheinende Fassaden. Aber: Im Inneren des Obergeschosses und in Teilen des Daches gehen die Konstruktionselemente bis heute über die Hausgrenzen hinweg. Unbewiesen aberdenkbar ist die Information, dass dieser Ursprungsbau einst ein Wirtschaftshof des Klosters Amorbach gewesen sein kann.
Ungeachtet der um 1720 mit der Hausteilung geschaffenen Verhältnisse ruht unter dem heutigen Hausbereich Nr. 24 ein gewölbter Keller, dessen Abmessungen weder mit dem um 1590 errichteten Neubau noch mit den um 1720 gezogenen Trennungsgrenzen etwas zu tun hat. Dieser schräg unter dem Hausgrundriss gelegene Raum gehörte zu einer Vorgängerbebauung und erzählt darüber hinaus mit seiner erhaltenen Erschließung noch die Geschichte einer einstmaligen Gasse südlich des Gebäudes, die heute als Hinterhof-Sackgasse noch erhalten ist.
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